Heute war der erste Prozesstag am Hanseatischen OLG gegen Zeki Eroğlu. Es war ein sehr langer Tag.
Denn von Beginn an spielten die beiden Anwält*innen Alexander Kienzle und Britta Eder eine sehr aktive Rolle: noch vor Verlesung der Anklageschrift gab es bereits die ersten Anträge, beginnend mit einem Antrag auf einen Vertrauensdolmetscher (abgelehnt mit einem Zweizeiler), über die Beistellung einer 2. Pflichtverteidigerin (Britta Eder, später entschieden). Die Reihe schien nicht abzureißen, so dass der Vorsitzende Richter Rühle schon am ersten Tag nach kurzer Zeit bei der Frage nach einer Beratungszeit von 15 Minuten mit dem Mandanten die Fassung verlor.
Nach der Anklageschrift-Verlesung machten die Anwält*innen ihre Zweifel in Anträgen geltend: zum einen die zu geringe Besetzung des Senats mit nur 3 statt mit den für ein solches Verfahren vorgesehenen 5 Richtern, zum anderen ihre Zweifel bezüglich der Zuständigkeit des Hanseatischen Oberlandesgerichtes. Zeki Eroğlu war laut Anklage fast ausschließlich in Süddeutschland aktiv, auch dorthin ausgeliefert und inhaftiert gewesen. Aus unerklärlichen Gründen wurde er Anfang des Jahres nach Hamburg verlegt und die Strafsache an das OLG in Hamburg abgegeben.
Es folgten Anträge auf „dienstliche Erklärung“ des Richters Rühle, ob auf ihn politische Einflussnahme durch staatliche oder nichtsstaatliche Stellen erfolgt sei, ob diesbezüglich persönliche Kontakte zu ihm aufgenommen wurden oder bestehen? Ob es Absprachen mit dem Generalbundesanwalt (GBA) im Vorfeld bezüglich Gerichtsort, -zeitpunkt oder anderer Aspekte gegeben habe, auch bezüglich des zu erwartenden Verteidigungs-Verhaltens.
Diese „Erklärungen“ wurden erbeten, da nach dem vergangenen Verfahren gegen Hasan Dutar die türkischen Medien Richter Rühle persönlich verantwortlich für ‚das milde Urteil‘ (19 Monate auf Bewährung) gemacht hatten, sein Bild veröffentlicht wurde und zu erwarten ist, dass über verschiedene Kanäle Druck auf ihn aufgebaut werden könnte – der dann eventuell negativ für den Angeklagten ausfiele.
Der Tag klang dann nach der Mittagspause einige Stunden lang aus, mit der (unvollständigen) Verlesung eines Antrags auf Einstellung des Verfahrens. Der Umfang der zu verlesenden Seiten lag dem Senat nicht vor und so wurde die Verlesung dann um 16 Uhr abgebrochen, damit alle ihr (un-)“verdientes Wochenende“ haben können – Zeki Eroğlu wieder in seiner Zelle.
Der Angeklagte wirkte den Tag über jedoch guten Mutes, immer wieder lächelnd und mit Freude über die Aktivitäten der Verteidigung. Der erste Tag war leider nur mäßig besucht, was möglicherweise auch am beginnenden „Hamburger Sommer“ gelegen haben könnte – Regenwetter.
Der nächste Verhandlungstag ist Freitag, der 24.02.17, ab 9 Uhr in Saal 288, 1.Stock.
Es werden die restlichen 15 Seiten des Antrages zur Verfahrens-Einstellung verlesen und dann wahrscheinlich die erste Prozesserklärung des Angeklagten Zeki Eroğlu selbst geben.
Wir sind gespannt.